22.03.2022
Recht so 22.03.2022
Mietrecht: Angst vor Corona rechtfertigt keine dauerhafte Zutrittsverweigerung
Hat ein Mieter "Angst vor Corona", so darf das nicht dazu führen, dass gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen (hier ging es um den Einbau von Rauchmelder in der Wohnung) nicht durchgeführt werden können, weil er weder den Vermieter noch den Dienstleister für die Anbringung der Rauchmelder in die Wohnung lässt. Verweigert er den Zutritt beharrlich über ein halbes Jahr lang und helfen auch Abmahnungen nicht, so darf der Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen. In dem konkreten Fall durfte der Mieter allerdings eine Frist von zwei Monaten für den Auszug in Anspruch nehmen, da er bereits 74 Jahre alt und schwerbehindert war - und außerdem bereits 16 Jahre in der Wohnung gelebt hatte. (AG Brandenburg, 31 C 32/21)
Steuerrecht: Ein Statiker ist kein Handwerker
Beabsichtigt ein Hausbesitzer, Holzpfosten auszutauschen, die das Dach stützen (hier sollten stattdessen Stahlpfosten eingesetzt werden) und hält das Unternehmen, das den Austausch vornehmen will, eine statische Berechnung vorab für zwingend erforderlich, so können die Kosten für ein solches statisches Gutachten nicht als Handwerkerleistung von der Steuerschuld abgezogen werden (20 % von höchstens 6.000 € jährlich sind möglich). Der Bundesfinanzhof erklärt, dass ein Statiker grundsätzlich "nicht handwerklich tätig" sei. Bei der Arbeit eines Statikers handele es sich ausschließlich um "Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken". (BFH, VI R 29/19)
Spekulationssteuer: Wenn das Kindergeld wegfällt, kann auch die Steuerfreiheit wegfallen
Grundsätzlich führt der Verkauf einer privat gehaltenen Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung zu einer Steuerpflicht. Wird das Haus oder die Wohnung jedoch selbst bewohnt, so entfällt diese. Dabei ist es wichtig, dass die Immobilie "ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken" oder "im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken" genutzt wurde. Dieser "eigene Wohnzweck" kann auch vorliegen, wenn die Wohnung einem Kind überlassen wird, für das Anspruch auf Kindergeld oder auf einen steuerlichen Freibetrag besteht. Normalerweise endet ein solcher Anspruch mit dem 25. Lebensjahr des Kindes. Verkaufen Eltern die Wohnung zweieinhalb Jahre nach dem 25. Geburtstag eines Kindes und liegt der Kauf da noch keine sieben Jahre zurück, so darf das Finanzamt den Gewinn besteuern. (In dem konkreten Fall mussten rund 170.000 € von Eltern versteuert werden, die eine Wohnung in einer Universitätsstadt gekauft, ihren Zwillingen unentgeltlich überlassen - und "zu früh" wieder verkauft hatten.) (Niedersächsisches FG, 9 K 16/20)
Quelle: Immobilienverband IVD-WEST Von-Werth-Straße 57, 50670 KölnV
22.02.2022
Recht so 22.02.2022
Kommunalgebühren: Zu lange dürfen Eigentümer nicht im Unklaren bleiben
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Grundstückseigentümer nach der Fertigstellung einer Straße oder anderer Anlagen nur für begrenzte Zeit an den Baukosten beteiligt werden dürfen. Stellt eine Landesvorschrift das nicht sicher, so verstößt sie gegen das „Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit“. In dem konkreten Fall ging es um Erschließungskosten in Höhe von insgesamt 70.000 Euro, die einem Eigentümer über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren angefallen sind, dessen Grundstücke in einem Gewerbegebiet liegen. Die Straßenanbindung wurde erst nach Ablauf dieser langen Zeit in voller Länge fertiggestellt und offiziell „gewidmet“. Die Vorschrift besagt, dass „die Frist zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen nicht an den Eintritt der tatsächlichen Vorteilslage anknüpft, sondern noch bis vier Jahre nach tatsächlicher Fertigstellung und Widmung erfolgen kann“. Das lasse die Eigentümer jedoch zu lange im Unklaren darüber, ob sie noch mit Belastungen rechnen müssen. Der Zeitpunkt, in dem der abzugeltende Vorteil entsteht, müsse „objektiv erkennbar“ sein. (BVerfG, 1 BvL 1/19)
Mietrecht: Auch ein schuldunfähiger Mieter muss ausziehen, wenn er "Stunk macht"
Auch wenn ein Mieter psychisch krank ist, kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn der Mieter durch sein Verhalten den Hausfrieden nachhaltig stört. Dabei sind die Interessen des Vermieters, des Mieters und der anderen Hausbewohner gegeneinander abzuwägen. Vermieter dürfen jedenfalls „aus wichtigem Grund“ außerordentlich fristlos kündigen. Und ein solcher „wichtiger Grund“ liege vor, wenn durch das Verhalten eines - wenn auch schuldunfähigen - psychisch kranken Mieters der Hausfrieden erheblich gestört wird. Hat der Mann eine Nachbarin mit Pfefferspray attackiert und verletzt, so ist die Kündigung (und Räumung) der Mietwohnung gerechtfertigt. (LG Hamburg, 316 T 24/21)
Mietrecht: Der Vermieter muss beweisen, dass die Betriebskosten-Abrechnung o.k. ist
Gibt es über die Höhe einer Position im Rahmen der Betriebskosten Streit zwischen Mietern und Vermieter, so muss der Vermieter "darlegen und beweisen", dass seine Abrechnung "ordnungsgemäß" ist. Der Mieter muss lediglich nachweisen, dass er die angezweifelte Summe jeweils als Vorschuss gezahlt hat. In dem konkreten Fall ging es um Gartenpflegearbeiten, die der Vermieter - aus Sicht des Mieters zu überhöhten Preisen - von einer vermietereigenen ausgelagerten GmbH durchführen ließ, anstatt eigenes Personal zu beschäftigen. Weil der Vermieter die Wirtschaftlichkeit seines Tuns nicht darlegen konnte, musste er dem Mieter "überzahlte" Betriebskosten erstatten. (AG Aachen, 103 C 131/16)
Quelle: Immobilienverband IVD-WEST Von-Werth-Straße 57, 50670 KölnV
17.01.2022
Recht so 17.01.2022
Mietrecht: Noch dürfen Vermieter die Kosten für den Kabelanschluss umlegen
Vermieter dürfen ihre Mieter mietvertraglich für die gesamte Laufzeit des Mietverhältnisses an den im Haus bestehenden Kabelanschluss binden und die Kosten dann als Betriebskosten abrechnen. Das ist übliche Praxis und verstößt nicht gegen geltendes Recht – Mieter müssen auch dann zahlen, wenn sie den Anschluss nicht nutzen. Da gilt allerdings nur noch bis zum Jahr 2024. Dann greift die Regelung des bereits beschlossenen, reformierten Telekommunikationsgesetz, wonach die Kosten des Kabelfernsehens nicht mehr als Betriebskosten umgelegt werden dürfen. (BGH, I ZR 106/20
Eigentumswohnung: Pauschale jährliche Honorarerhöhung für den Verwalter ist unwirksam
In einem Verwaltervertrag für eine Wohnungseigentümergemeinschaft darf eine pauschale jährliche Erhöhung der Vergütung (hier um 4 %) nicht vorgesehen sein. Eine solche Klausel sei unwirksam, so das Landgericht Frankfurt am Main. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft „auch aus Verbrauchern besteht“, so dass der Verwaltervertrag als Verbrauchervertrag angesehen werden müsse. Es liege eine unzulässige Preisklausel vor, da eine pauschale Preiserhöhung geregelt ist, ohne dass sichergestellt wird, dass im gleichen Umfang auch Preissteigerungen beim Verwalter eintreten. (LG Frankfurt am Main, 2-13 S 35/20)
Grunderwerbsteuer: Auch ein "Tauschgeschäft" kann Steuerpflicht nach sich ziehen
Werden Flurstücke zweier WEG-Gemeinschaften aufgelöst und in eine neue einheitliche Wohnungseigentümergemeinschaft überführt, so kann für diesen "Tauschvertrag" Grunderwerbsteuer fällig werden. Das könne selbst dann gelten, wenn es wirtschaftlich betrachtet zu keiner Änderung kommt und die jeweiligen Wohnungseigentumseinheiten im Eigentum der bisherigen Eigentümer verbleiben, sich jedoch herausstellt, dass es "keine unmittelbare gleichartige Zurechnung entsprechend den Aufteilungen im Wohneigentum" gegeben hatte. (FG Köln, 5 K 2704/18)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
16.12.2021
Recht so 16.12.2021
Grundsteuer: Für die Vermietung von Gewerbeimmobilien ist der Eigentümer zuständig
Die Eigentümerin einer Gewerbeimmobilie, die baurechtlich (bis auf die Hausmeisterwohnung) nur als Bürogebäude genutzt werden darf, kann keinen Erlass bei der Grundsteuer durchsetzen, wenn sie von acht Einheiten nur eine vermietet hat (für die sie eine Kaltmiete in Höhe von 600 € erhält). Zwar sei es grundsätzlich möglich, dass Vermieter solcher Objekte bei erheblichem Leerstand die Grundsteuer teilweise erlassen bekommen können. Das jedoch nur dann, wenn der Vermieter die Mindereinnahmen nicht zu vertreten hat. Hier stellte sich heraus, dass die Vermieterin sich nicht nachhaltig um eine Belegung bemüht hatte. Sie hatte es unter anderem unterlassen, das Gebäude, das eine "deutliche Prägung" als reines Wohnhaus aufwies, so umzubauen, dass es zur Büronutzung geeignet ist. Sie habe die Ursache für den Leerstand selbst zu verantworten. (VG Koblenz, 5 K 256/21)
Mieterhöhung: Ist der Mietspiegel einsehbar, so reicht das aus
Will ein Vermieter eine Mieterhöhung (hier in Höhe von 15 %) durchsetzen und stützt er sich dabei sowohl auf die ortsübliche Vergleichsmiete als auch auf den „qualifizierten Mietspiegel“, so muss er diesen Mietspiegel dem Erhöhungsschreiben nicht beifügen. Es reicht aus, wenn er darüber informiert, dass der Mietspiegel bei ihm eingesehen werden kann. Kann der Mieter auf diesem Weg prüfen, ob die Forderungen berechtigt sind, so reiche das aus. Auch die Tatsache, dass die Mietpreisspanne des Mietspiegels nicht dargestellt wurde, führe zu keinem anderen Ergebnis. (BGH, VIII ZR 167/20)
Erbschaftsteuer: Auf Immobilien in Kanada müssen nicht "100 Prozent" besteuert werden
Ein Erbe, der vermietete Immobilien in Kanada „vermacht bekommen hat“, muss es nicht hinnehmen, dass das Finanzamt für diese bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer den vollen Wert „ansetzt“. Das gelte auch dann, so das Finanzgericht Köln, wenn nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz nur Mietwohngrundstücke mit 90 Prozent des „gemeinen Wertes“ besteuert werden, wenn sie in Deutschland, in der EU oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegen. In dieser Ungleichbehandlung sei ein Verstoß gegen die „Kapitalverkehrsfreiheit“ zu sehen. (Der Europäische Gerichtshof wird endgültig entscheiden.) (FG Köln, 7 K 1333/19)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
16.12.2021
Und wieder gehört Benno Harnisch zu den besten Immobilienmakler

22.11.2021
Recht so 22.11.2021
Eigentumswohnung: Auch Untergemeinschaften müssen "gemeinsame Sache" machen
Besitzt eine Wohnungseigentümergesellschaft eine Wohnanlage aus mehreren Häusern, und hat sie Untergemeinschaften für die einzelnen Häuser gebildet (was erlaubt ist und den Zweck hat, dass die einzelnen Hausgemeinschaften selbst über die Belange ihres Hauses entscheiden können), so gilt das nicht für eine Entscheidung im Rahmen der Gesamt-Jahresabrechnung. In dem konkreten Fall ging es in einer gesamtgemeinschaftlichen Eigentümerversammlung über die Genehmigung einer Abrechnung, in der unter anderem eine Entnahme in Höhe von knapp 19.000 Euro für Architekten- und Planungskosten aus der Instandhaltungsrücklage beschlossen wurde – allerdings ging diese nur auf Kosten zurück, die in einem Haus (Nr. 11) entstanden waren. Die Eigentümer aus Haus 11 wandten sich dagegen – vergeblich. Das Argument der Eigentümer, es fehle der Gesamteigentümergemeinschaft an der Beschlusskompetenz für einen Posten, der nur das Gebäude ihrer Gemeinschaft betreffe, scheiterte. Denn auch bei Untergemein-schaften sei es nötig, eine einheitliche Jahresabrechnung für die gesamte Eigentümergesellschaft zu erstellen und zu beschließen. Ein bloßes Nebeneinander von Teilabrechnungen für die einzelnen Gemeinschaften komme nicht in Betracht, „da Mängel in der Abrechnung in einem einheitlichen Verfahren geklärt werden müssen“. (BGH, V ZR 163/20)
Mietrecht: Wird "stellvertretend" gekündigt, reicht ein "i.A." nicht aus
Zwar kann die Kündigung eines Mietvertrages durch einen Stellvertreter wirksam sein, wenn klar wird, wer der Stellvertreter ist. Das ist nicht der Fall, wenn die Kündigung mit „i.A.“ unterschrieben wird und im Text des Kündigungsschreibens ein Bevollmächtigter nicht erwähnt wird. In dem konkreten Fall hatte eine Mieterin ein Kündigungsschreiben erhalten, bei dem zwar der Briefbogen des Vermieters benutzt, dieser jedoch von einer anderen Person mit „i.A.“ unterschrieben wurde. Außerdem war der Text in der „wir-Form“ geschrieben und enthielt keinen Hinweis auf eine Bevollmächtigung. Die Mieterin zog nicht aus – und wurde auf Räumung verklagt - zu Unrecht. Die Kündigung war wegen der „Nichtbeachtung der Schriftform“ unwirksam. Zwar könne sich ein Vermieter vertreten lassen. Dazu müsse aber die Stellvertretung „offengelegt“ werden. (LG Wuppertal, 9 T 128/21)
Steuerrecht: Eine Ablöse für ein Wohnrecht ist eine "nachträgliche Anschaffung"
Erbt ein Steuerpflichtiger eine mit einem Wohnrecht belastete Immobilie und beabsichtigt er, nach entgeltlicher Ablösung des Wohnrechts, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, so stellt sich die Frage nach der steuerlichen Qualifizierung der an den Wohnrechtsberechtigten geleisteten Zahlung. Das Niedersächsische Finanzgericht ist der Auffassung, dass eine solche Zahlung zu (nachträglichen) Anschaffungskosten des Grundstücks und nicht zu sofort abzugsfähigen Werbungskosten führt. In dem konkreten Fall ging es um eine Frau, der als Lebensgefährtin eines jung durch einen Arbeitsunfall ums Leben gekommenen Hauseigentümers, per Testament ein Wohnrecht bis zu ihrem Tod eingeräumt wurde, wobei das Eigentum an die Tochter des Mannes überging. Die Frau zog jedoch weg, die Tochter vermietete das Haus und zahlte 50.000 Euro dafür, dass die Frau das Wohnrecht aufgegeben hatte. Die Tochter durfte diese Summe steuerlich lediglich als „nachträgliche Anschaffungskosten“ in Höhe von zwei Prozent pro Jahr geltend machen. (Niedersächsisches FG, 2 K 228/19)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
27.10.2021
Recht so 27.10.2021
Mietrecht: Nach einer Zwangsversteigerung gilt besonderes Kündigungsrecht
Ersteigert ein Eigentümer eine Immobilie bei einer Zwangsversteigerung, so hat er das Recht, den Mietern die Mietverträge zu kündigen. Das gelte auch dann, wenn die vorhandenen Mietverträge eigentlich eine Eigenbedarfskündigung ausschließen. Der Eigentümer hat ein Sonderkündigungsrecht aus dem Zwangsversteigerungsgesetz. Das gelte unabhängig davon, was der vor-herige Vermieter mit den Mietern vereinbart hat. (BGH, VIII ZR 76/20)
Schönheitsreparaturen: Wer in eine bunte Bude einzieht, muss nicht renoviert ausziehen
Ist ein Mieter in eine Wohnung gezogen, in der die Wände zum Teil farbig waren (im Kinderzimmer gab es eine lila/grüne Bordüre, die Wände im Wintergarten waren orange und das Wohnzimmer war cremefarben gestrichen), so muss er beim Auszug auch dann nicht renovieren, wenn die vorhandene Klausel im Mietvertrag zu den Schönheitsreparaturen im Grunde wirksam ist. Die "individuelle Dekoration des Vormieters ist ein gewichtiges Indiz für eine unrenovierte Wohnung". Die Farben stellen "deutliche Gebrauchsspuren" dar. (LG Krefeld, 2 S 26/20)
Steuerrecht: Auch kurzeitige Überlassung kann die Steuerfreiheit kosten
Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Verkauft ein Hausbesitzer seine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung wieder, so bleibt der Verkaufsgewinn auch dann steuerfrei, wenn der Eigentümer zwischendurch ausgezogen und unter einer anderen Adresse gemeldet ist. Überlässt der Eigentümer hingegen einem Angehörigen die Wohnung (hier nutzt eine Angehörige die Wohnung – wenn auch wenige Nächte im Jahr – als Zufluchtsmöglichkeit mit, um einer wegen der Alkoholerkrankung des Ehepartners in der gemeinsamen Ehewohnung unerträglich gewordenen Situation zu entfliehen), so liegt eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht mehr vor. (BFH, IX R 6/18)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
22.09.2021
Recht so 22.09.2021
Mietrecht: Die Nutzung als Zweitwohnung ist keine Zweckentfremdung
Nutzt eine Mieterin ihre Wohnung lediglich als Zweitwohnung, so ist das kein Grund für den Vermieter, den Mietvertrag zu kündigen. Besteht ein unbefristeter Mietvertrag, so behält der seine Gültigkeit. Der Vermieter kann nicht argumentieren, es handele sich bei dieser Nutzung um eine Zweckentfremdung. Das gelte jedenfalls dann, wenn die vermieteten vier Wände trotz der seltenen Nutzung nicht "vernachlässigt" werden. (LG Berlin, 63 S 19/20)
Steuerrecht: Auch mit "Homeoffice" bleibt "Selbstgenutztes" steuerfrei
Verkauft eine Lehrerin eine selbstgenutzte Eigentumswohnung weniger als zehn Jahre nach der Anschaffung (= "Spekulationsfrist") mit einem Gewinn in Höhe von knapp 100.000 Euro, so wird auch dann keine Spekulationssteuer fällig, wenn sie einen Raum als "häusliches Arbeitszimmer" steuerlich abgesetzt hat. Ein anteiliges, privates Veräußerungsgeschäft in Bezug auf das "Homeoffice" liege nicht vor, so der Bundesfinanzhof. Hier sollten wegen des Flächenanteils des Arbeitszimmers in Höhe von 10 Prozent auch knapp 10.000 Euro versteuert werden - mussten aber nicht: "Auch bei einer nahezu ausschließlichen Nutzung des in die häusliche Sphäre eingebundenen Arbeitszimmers für betriebliche/berufliche Tätigkeiten kann daher unterstellt werden, dass es im Übrigen - also zu weniger als 10 Prozent - zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird." (BFH, IX R 27/19)
Grundsteuer: Bei einem Vorkaufsrecht geht das "wirtschaftliche Eigentum" später über
Grundsätzlich ist es so, dass bei einem Grundstücksverkauf der Käufer erst mit Beginn des Jahres zur Grundsteuer herangezogen werden kann, das auf das Jahr folgt, in dem der Kaufvertrag geschlossen worden ist. Für das laufende Jahr bleibt der Verkäufer zahlungspflichtig. Wurde ein Vorkaufsrecht vereinbart, so ist derjenige, dem diese Recht eingeräumt worden ist, erst dann zur Zahlung der Grundsteuer verpflichtet, wenn ihm das "wirtschaftliche Eigentum" tatsächlich zuzurechnen ist. Der Käufer "erlangt wirtschaftliches Eigentum regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt, ab dem er (...) über das Grundstück verfügen kann". (BFH, II R 44/17)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
12.08.2021
Recht so 11.08.2021
Nachbarrecht: Verschattung einer Photovoltaikanlage ist hinzunehmen
Hält ein bauwilliger Nachbar eines Hausbesitzers die bauordnungsrechtlichen Abstände ein, so muss der Hausbesitzer es hinnehmen, wenn das geplante neue Gebäude (hier ging es um ein Zweifamilienhaus mit einer Doppelgarage) seine Photovoltaikanklage auf dem Dach „in den Schatten stellt“. Es liege keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme vor, wenn eine „unzumutbare Verschattung“ nicht festgestellt werden könne, so das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. „Werden die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen (…) gegenüber einem mit einer Photovoltaikanlage ausgerüsteten Gebäude eingehalten, sei eine vorhabenbedingte teilweise Verschattung der Anlage grundsätzlich nicht als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu werten.“ (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, 7 B 1616/20)
Verwaltungsrecht: Vegetarische Grundstückseigentümer dürfen Jagd verbieten lassen
Grundstückseigentümer können durchsetzen, dass auf ihren Grundstücken die Jagd verboten wird. Das gilt zumindest dann, wenn sie glaubhaft machen, als Vegetarier die Jagd und das Hetzen sowie das Töten von Tieren auf ihren Grundstücken aus ethischen Gründen abzulehnen. In dem konkreten Fall ging es um teilweise nicht zusammenhängende Grundstücke innerhalb eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks, weshalb die Bewegungsjagd in dem Bezirk an sich nicht zum Erliegen kommt. Das sei auch Voraussetzung, da bei Vorkommnissen wie zum Beispiel ein Ausbruch der Schweinepest oder bei übermäßigen Wildschäden gejagt werden muss. (VG Koblenz, 1 K 251/20)
Eigenbedarfskündigung: Im ersten Schreiben müssen noch keine Details stehen
Kündigt ein Vermieter eine Wohnung wegen Eigenbedarfs, so muss er im Kündigungsschreiben lediglich angeben, für welchen Angehörigen er die Wohnung benötigt und welches Interesse damit verbunden ist. Weitere Details muss das Schreiben nicht enthalten. In dem konkreten Fall ging es um eine 62 Quadratmeter große Wohnung, die der Eigentümer für seinen Sohn „freischaffen“ wollte, der einen größeren Wohnraumbedarf hatte und insbesondere für seine regelmäßigen Home-Office-Tätigkeiten ausreichend Platz benötigte. Der Mieter akzeptierte die Kündigung nicht, weil das Kündigungsschreiben nicht „detailliert“ genug gewesen sei. Der Bundesgerichtshof sah das anders. Das Kündigungsschreiben habe alle gesetzlich vorgeschriebenen Fakten enthalten. Mieter, die sich nicht als ausreichend geschützt ansehen, könnten in einem etwaigen Prozess dann vortragen, was an der Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht in Ordnung sei - und beweisen. (BGH, VIII ZR 346/19)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin
19.07.2021
Recht so 19.07.2021
Gewerbemiete/Umsatzsteuer: Nur was "offen" ausgewiesen ist, darf auch abgezogen werden
Ist der Mieter einer gewerblichen Immobilie als Unternehmer vorsteuerabzugsberechtigt, so optieren Vermieter meist zur Umsatzsteuerpflicht. Für den Mieter hat das den Vorteil, dass er die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann. Dafür ist allerdings Voraussetzung, dass eine "ordnungsgemäße Rechnung vorliegt, in der die zu zahlende Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist". In dem konkreten Fall überwies der Mieter die Miete regelmäßig auf Grundlage des Mietvertrages in einer Summe, ohne dass der konkrete Umsatzsteuerbetrag an irgendeiner Stelle im Ver-trag oder bei der Überweisung separat ausgewiesen wurde. Das Finanzamt musste den Vorsteuerabzug des Mieters nicht akzeptieren. Das gelte auch dann, wenn der Vermieter später eine "korrekte Dauerrechnung" mit allen erforderlichen Angaben erstellt und darin der Vermerk "rückwirkend ab Vertragsbeginn" zu finden ist. (FG Münster, 15 K 2680/18)
Werbungskosten: Auch bei vergünstigter Vermietung darf der Mietspiegel genommen werden
Wird eine Wohnung an einen Angehörigen vermietet, so kann der Vermieter die Werbungskosten für die Wohnung auch dann zu 100 Prozent geltend machen, wenn er "nur" mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete (Kaltmiete plus Betriebskosten, die umgelegt werden dürfen) nimmt. Für die Ermittlung der Miete wird meist der örtliche Mietspiegel hinzugezogen. Das dürfe auch dann gelten, wenn ein Mann eine Wohnung vergünstigt an seine Tochter und eine zweite an einen "Fremden" vermietet. In dem konkreten Fall vor dem Bundesfinanzhof ging es um zwei 57 Quadratmeter große Wohnungen eines Eigentümers. Eine Wohnung vermietet er für 300 Euro (+ 70 € Nebenkostenpauschale) an seine Tochter; die andere für 500 Euro (+ 78 € Nebenkos-tenpauschale) an einen Fremden. Trotz der daraus resultierenden "Mietquote" für die Angehörige von nur 64,01 Prozent, dürfen die abziehbaren Werbungskosten nicht beschnitten werden - vorausgesetzt, die Rechnung mit dem Mietspiegel ergibt mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete. (BFH, IX R 7/20)
Eigentumswohnung: Der Schuldner darf auch namentlich erwähnt werden
Das Landgericht Oldenburg hat entschieden, dass der Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage in dem Einladungsschreiben zur Eigentümerversammlung die Namen der Eigentümer nennen darf, die mit Zahlungen von Hausgeld in Rückstand sind. Das müsse nicht anonymisiert werden. Auch die Höhe des Rückstands dürfe erwähnt werden. Der Verwalter muss sich nicht darauf beschränken lassen, die Informationen nur auf etwaige Nachfrage in der Versammlung selbst bereitzuhalten. Das Gericht: „Denn um das Risiko einer gerichtlichen Inanspruchnahme eines säumigen Zahlers abschätzen zu können, ist es nicht nur erforderlich die Höhe des Rück-standes zu kennen, sondern auch die Person des Schuldners im Vorfeld zu wissen. Denn nur wenn auch die Personen bekannt ist, sind die Umstände des Einzelfalls bekannt und die Eigentümer können eine Entscheidung treffen, ob der rückständige Betrag eingeklagt oder gestundet werden soll“. (LG Oldenburg, 5 S 50/20)
Quelle: Immobilienverband IVD Bundesverband, Littenstrasse 10, 10179 Berlin